Helgoland mit Kindern: für 24 Stunden mit dem Halunder Jet auf Deutschlands einzige Hochseeinsel
Rote, schroff abfallende Felsklippen, vollständig umgeben von Wind und Wellen der tiefblauen Nordsee, stetiges Vogelkreischen, aber auch Dünen und unzählige Kegelrobben im weißen Sand am fast menschenleeren Strand – Deutschlands einzige Hochseeinsel Helgoland ist die vielleicht außergewöhnlichste der deutschen Inseln. Die Überfahrt ab Hamburg mit dem Highspeed- Katamaran „Halunder Jet“ dauert gerade mal 3,5 Stunden. Besonders wenn man Helgoland mit Kindern besucht, ist das eine sehr komfortable Anreisemöglichkeit. Aber die meisten Besucher kommen nur für einen Tagesausflug hierher. Die 4 Stunden Aufenthalt reichen, um einmal den Spazierweg auf dem Oberland zu umrunden und noch schnell ein paar zollfreie Einkäufe zu tätigen. Was sie aber verpassen ist die besondere Stimmung, die über der Insel liegt, wenn die Ausflugsboote wieder abgelegt haben. Wir sind deshalb eine Nacht geblieben. Und prompt dem rauen Charme der Insel erlegen.
„Grün ist das Land, rot ist die Kant, weiß ist der Sand: das sind die Farben von Helgoland“
Grün, Rot und weiß – das sind die Farben der Helgoländer Flagge. Sie stehen für das rote Kliff, das bis zu 60 Meter aus dem Meer ragt und mit grünem Gras überzogen ist sowie die Düne mit ihren feinsandigen, weißen Stränden. Strenggenommen gehört die 1,7 Quadratmeter große Nordseeinsel zu Pinneberg. Aber der Helgoländer Dialekt (Halunder) lässt erahnen, dass die Inselbewohner sich eher zu den Nordfriesen zählen.
Helgoland liegt rund 70 km vom Festland entfernt, und weil sie vom Golfstrom umspült wird, freuen sich die ca. 1200 Einwohner ganzjährig über ein eher mildes Klima. Spektakuläre Natur trifft hier auf eine bewegte Geschichte. Denn könnte die Insel sprechen, so hätte sie wahrscheinlich viel zu erzählen. Piraten machten einst Helgoland zum Schmugglerparadies, bevor die Insel 1814 britisch wurde und im Jahr 1890 im Tausch gegen Sansibar wieder an Deutschland zurückgegeben wurde. Nachdem Helgoland gegen Ende des zweiten Weltkriegs von der Royal Airforce bombardiert wurde, versuchten die Engländer 1947 die strategisch wichtige Insel zu sprengen, um die Nutzung als deutsche Militärbasis für alle Zeiten unmöglich zu machen. Der Plan misslang, aber noch bis 1952 blieb Helgoland militärisches Sperrgebiet und Bombenabwurfplatz für die britische Luftwaffe. Erst danach wurde die verwüstete Insel wieder an Deutschland übergeben.
Mit Vollgas auf die Insel: mit dem Halunder Jet der FRS Helgoline ab Hamburg und Cuxhaven nach Helgoland
Unsere Fahrt startet früh – bereits um 08.15 Uhr füllt sich die Brücke 3 an den Hamburger Landungsbrücken stetig mit Passagieren. Sie alle wollen bei strahlendem Sonnenschein auf die Hochseeinsel Helgoland. Einige haben Koffer dabei, der Großteil aber kommt nur mit Rucksack. Bereits nach wenigen Minuten legt der rot-weiße Katamaran „Halunder Jet“ der FRS Helgoline an, fährt die Besucherrampen aus und beginnt mit dem Verladen des Gepäcks.
Fast 700 Passagiere haben auf dem Schiff Platz. Über zwei Decks verteilen sich komfortable Sessel in vier Sitzkategorien. Damit ist der „Halunder Jet“ der größte und modernste Katamaran auf der deutschen Nordsee.
Bevor wir unsere reservierten Plätze einnehmen, geben wir unseren kleinen Koffer zum Verladen ab und können diesen, sobald wir in Helgoland an Land gehen, wieder entgegennehmen. Für einen kleinen Aufpreis wird das Gepäck auf Wunsch auch direkt zur Unterkunft gebracht. Das lohnt sich für all die, die nicht in unmittelbarer Nähe des Anlegers untergekommen sind. Denn die Insel Helgoland ist fahrrad- und autofrei. Ihr müsstet Euer Gepäck also selbst zur Unterkunft tragen – und das kann mit Kindern ja mitunter ganz schön viel sein.
Handgepäck darf selbstverständlich mit an den Platz und kann in den Fächern über den Sitzen (ähnlich wie im Flugzeug) verstaut werden.
Im Inneren des Schiffes staunen wir über das moderne Ambiente: durch die großen Panoramafenster fällt viel Licht, es gibt breite Sitze mit USB-Anschluss und viel Beinfreiheit, eine Klimaanlage und ein 200m² großes Freideck für alle die, die sich während der Fahrt ordentlich Wind um die Nase pusten lassen wollen.
Es gibt insgesamt vier verschiedene Sitzkategorien. Für Familien eignet sich die Jet Class am besten, denn hier sitzt man sich gemütlich in einer Gruppe gegenüber und es gibt es einen großen Tisch zum Malen, Spielen und Essen.
Wer nichts Eigenes zu Essen eingepackt hat, der kann aus einer kleinen Karte wählen, das nette Servicepersonal bringt dann warme Speisen, Snacks, Kuchen und kalte und warme Getränke direkt zum Platz.
Die Kosten für die Hin- und Rückreise pro Person betragen derzeit je nach Saison ca. € 120,00 (Kinder zahlen die Hälfte).
Pünktlich um 09.00 Uhr legt der Halunder Jet ab. Mir ist ein bisschen mulmig. Eigentlich sind wir alle seefest, aber vor der Abfahrt habe ich allerlei Horrorgeschichten über den rauen Wellengang und schlimme Seekrankheit gehört. Doch alle Ängste waren unbegründet: der Halunder Jet gleitet geschmeidig übers Wasser – das liegt aber weniger daran, dass es keine Wellen gibt, sondern vielmehr an einem neuartigen computergesteuerten Stabilisations-System (Motion Damping System), dass dafür sorgt, dass das Schiff nicht allzu sehr schaukelt.
Ab jetzt geht´s immer elbabwärts – erst Richtung Cuxhaven, wo der Halunder Jet noch einmal anlegt um weitere Gäste an Bord steigen zu lassen und anschließend weiter auf die Nordsee. Wie im Flug vergehen die 3,5 Stunden an Bord – schließlich haben wir Kartenspiele eingepackt und WLAN gibt es auch 😊. Dann tauchen die roten Felsen von Helgoland am Horizont auf. Als wir näher kommen, begrüßen uns die kunterbunten Hummerbuden und wir können es kaum erwarten von Bord zu gehen als der “Halunder Jet” im Südhafen anlegt.
Helgoland mit Kindern: das müsst Ihr machen!
#1: an den bunten Hummerbuden bummeln
Schon beim Anlegen seht Ihr die kunterbunten Hummerbuden entlang der Hafenstraße des Südhafens. Früher hatten hier die Fischer ihre Schuppen und Werkstätten, die jedoch im zweiten Weltkrieg zerstört wurden. Nach Plänen des Hamburger Architekten Georg Wellhausen wurden sie neu errichtet und bunt angestrichen. Heute befinden sich in den hübschen Häuschen vor allem kleine Kunst- und Souvenirläden sowie Restaurants.
Der Fischimbiss „Blaue Buden“ ist sensationell. Aber Vorsicht vor den gierigen Möwen. Die lauern hier nämlich überall und haben ruckzuck auch mal ein Fischbrötchen aus der Hand geklaut. Der Imbiss hält daher blaue Schirme zur Abschirmung bereit, die Ihr auch unbedingt nutzen solltet.
#2: Helgoländer Knieper essen
In der „Bunten Kuh“ , direkt neben den Hummerbuden, müsst Ihr unbedingt den Helgoländer Knieper essen. Das sind die Scheren des Taschenkrebses und die Spezialität der Insel! Aber auch die anderen Gerichte, von Pannfisch über Scholle und Matjes, sind frisch und superlecker! Deshalb ist es auch schwer auf der Terrasse überhaupt einen Platz zu finden – und Kartenzahlung wird NICHT akzeptiert!
#3: Besucht die Lange Anna
Da wir alle keine großen Shopping-Fans sind, hatten wir uns besonders auf den Rundweg im Helgoländer Oberland gefreut. Und wurden nicht enttäuscht. Die heutige Inselgestalt entstand erst durch Bombenabwürfe und Sprengungen während und nach dem zweiten Weltkrieg. Aus dem Unterland kommt man entweder (gegen Aufpreis) mit dem Fahrstuhl oder über die Treppe auf das Oberland – wir haben uns natürlich für die Treppe entschieden. Ziel der Wanderung war die „Lange Anna“ – das 47 Meter hohe Wahrzeichen Helgolands, das an der Nordspitze der Insel aus dem Felswatt ragt.
Bis 1860 war die „Lange Anna“ noch durch eine Felsbrücke mit dem Festland verbunden. Nach deren Abbruch hat man versucht die Felsnadel mit einer langen Schutzmauer gegen die Wellen zu stabilisieren. Allerdings ohne großen Erfolg, denn Wind, Frost und Wellen nagen weiter unerbittlich am Felsen. Deshalb überlässt man das eindrucksvolle Denkmal der Natur.
#4: Der Lummenfelsen: Deutschlands kleinstes Naturschutzgebiet und Brutplatz für abertausende Vögeln
Spaziert Ihr ein wenig weiter auf dem Rundweg bis zu den Klippen an der Westseite der Insel erreicht Ihr den 60 Meter aus dem Wasser aufragenden Lummenfelsen. Hier brüten Trottellummen, Basstölpel, Dreizehenmöwen und Tordalke. Der Lummenfelsen ist Deutschlands kleinstes Naturschutzgebiet.
Faszinierend wie nah man den Tausenden von Seevögeln kommt, die hier die Felsen bevölkern. Schon im März oder April beginnen die ersten Vögel mit dem Brüten. Jeder noch so kleine Platz am Felsen ist belegt. Die namensgebenden Trottellummen brüten ab Mitte April nur ein einziges Ei auf dem nackten Felsen aus. Ende Juni oder Anfang Juli wagen sich die Jungvögel beim Lummensprung mit einem mutigen Sturz von der Klippe.
Am Ende des Rundgangs kommt Ihr am 35 Meter hohen Leuchtturm vorbei. Er diente im zweiten Weltkrieg als Flakturm und ist das einzige Gebäude auf der Insel, das den Krieg überstanden hat. Heute ist er das stärkste Leuchtfeuer in der deutschen Bucht. Bei klarem Wetter kann man sein Licht angeblich bis auf den Ostfriesischen Inseln sehen.
#5: setzt auf die Düne über und kommt Seehunden und Kegelrobben ganz nah
Für Tagesgäste ist ein Besuch auf der „Düne“, Helgolands Badeinsel, zeitlich kaum machbar, denn man muss erst mit dem Boot übersetzen. Dabei ist gerade die „Düne“ unbedingt einen Abstecher wert. Den neben den feinsandigen Stränden, die zum Baden und Sonnenbaden einladen, kann man Kegelrobben und Seehunde aus nächster Nähe beobachten. Die liegen hier nämlich einfach so im Sand herum.
Eine Sturmflut 1721 hat die Düne von der Hauptinsel abgerissen, heute liegt sie fast 1 km vor Helgoland. In der Saison pendelt tagsüber eine Fähre im 30-Minuten-Takt. Tickets gibt´s direkt am Anleger.
Wir hatten bei unserem Besuch leider sehr schlechtes Wetter, aber die mit Strandhafer bewachsene Dünen, der rot-weiß-gestreifte Leuchtturm und natürlich die Robben sind auch bei Schietwetter wunderschön.
Allein für die Tatsache, dass wir Seehunden und Kegelrobben in ihrer natürlichen Umgebung so nah kommen dürften hat sich das Übersetzen gelohnt. Definitiv unser absolutes Must-Do für einen Besuch auf Helgoland mit Kindern!
#6: reserviert Euch rechtzeitig eine Unterkunft, denn Familienzimmer sind rar
Auf Helgoland mit Kindern zu übernachten ist tatsächlich gar nicht so einfach . Familienzimmer sind rar. Daher reserviert Eure Unterkunft, sobald Ihr wisst, dass Ihr ein oder zwei Nächte auf Helgoland bleiben wollt. Wir haben im Hotel Hochseeinsel ein Familienzimmer unterm Dach gebucht – dort hatten wir sehr viel Platz und es war tiptop sauber, allerdings war es (im Juli) sehr warm. Aber das Personal ist extrem nett, das Frühstück gut und es gab sogar zwei große Flaschen Wasser zur Begrüßung dazu. Unschlagbar ist auch die Lage. Vom Anleger am Südhafen läuft man gerade einmal 3 Minuten zum Hotel. Das alles hat allerdings seinen Preis. Wer es etwas günstiger möchte, für den ist eventuell die Jugendherberge auf der Hauptinsel oder der Campingplatz auf der Düne eine Alternative.
Direkt vor dem Hotel liegt außerdem ein kleiner Spielplatz und der klitzekleine Südstrand, an dem man auch baden kann. Im Norden, Westen und Südwesten fallen bis zu 60 Meter hohe Klippen steil zum Meer ab. Im Norden gibt es zwar einen Strand, der ist wegen starker Strömungen jedoch nicht zum Baden geeignet. Wenn Ihr also Badeurlaub machen wollt, müsst Ihr auf auf jeden Fall auf die Düne übersetzen.
#7: kauft zollfrei ein
Helgoland ist – neben seiner Naturschönheit – vor allem dafür bekannt, dass man hier zollfrei einkaufen kann. Denn es gehört zwar zum deutschen Wirtschaftsgebiet, zählt aber nicht zum Zollgebiet der Europäischen Union. Im Unterland findet Ihr daher zahlreiche Geschäfte, die zoll- und mehrwertsteuerfreie Waren verkaufen. Für Spirituosen, Tabakwaren und Parfüm, aber auch Bekleidung, hochwertige Sonnenbrillen und Ferngläser gibt es hier viele Abnehmer.
#8: esst eine hausgemachte Waffel im Café „Die Basstölpel“
Wenn Ihr einen kalten ungemütlichen Tag auf Helgoland erwischt, solltet Ihr Euch zum Aufwärmen nach dem Spaziergang eine frisch gebackene Waffel mit heißen Kirschen und Puderzucker und einen warmen Kaffee im Café „Die Basstölpel“ gönnen. Hier ist es urig, die Kinder waren willkommen und die Waffeln oberlecker.
#9: staunt über die beiden berühmtesten Helgoländer
Kaum zu glauben, aber auf der kleinen Insel Helgoland ist die deutsche Nationalhymne geschrieben worden. An den Landungsbrücken steht daher ein Denkmal von Heinrich Hoffmann von Fallersleben, der 1841 auf dem damals britischen Helgoland das „Lied der Deutschen“ verfasst hat. Am Weimarer Verfassungstag 1922 wurde es vom ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert zur Nationalhymne auserkoren.
Ganz in der Nähe kann man außerdem das Museum Helgoland besuchen und sich umfassend über Geschichte und Besonderheiten der Insel informieren. Auf dem Freigelände des Museums befindet sich der Museumshof mit einem rot-weiß-geringelten Leuchtturm und einigen bunten Hummerbuden, von denen zwei das James-Krüss-Museum beherbergen. Der bekannte Schriftsteller, der unter anderem „Thimm Taler“ geschrieben hat, wurde am 31. Mai 1926 hier geboren und verlebte seine Kindheit auf der Insel.
#10: spart Euch die Rundfahrt mit der Inselbahn durchs Unterland
Zum Schluss noch ein der Hinweis zu einer Aktivität, die Ihr Euch sparen könnt: die Kinder wollten unbedingt eine Rundfahrt mit der Inselbahn durchs Unterland machen. Tickets für die kleine Bahn gibt´s an den Landungsbrücken – wir haben für 4 Personen insgesamt € 26,00 gezahlt. Der Fahrer der kleinen Bimmelbahn ist wirklich nett und hat ein paar lustige Geschichten erzählt – alles in allem würde ich aber von der Fahrt abraten. Wenn Ihr Zeit habt, geht lieber zu Fuß durchs Unterland. Viel zu sehen gibt es während der Fahrt nämlich nicht.
Beste Reisezeit für Helgoland und woran Ihr sonst noch denken solltet
Helgoland ist sicher zu jeder Jahreszeit eine Reise wert. Wer aber die abertausenden brütenden Vögel und ihren laut schnatternden Nachwuchs aus der Nähe beobachten und den Lummensprung erleben möchte, der sollte im Frühsommer kommen.
Im Winter wird es ruhig auf der Insel – und viele Geschäfte und Hummerbuden haben ggf. geschlossen. Was aber bekanntlich auch sehr stimmungsvoll sein kann.
Eine Wettergarantie habt Ihr an der Nordsee sowieso nie, daher: eine Wind- oder Regenjacke sowie eine Mütze gehören eigentlich (fast) immer ins Gepäck. Eine Zahnbürste und natürlich Eure Kamera – vielmehr braucht es dann aber auch gar nicht im Reisegepäck.
Unser Fazit: Kurztrip nach Helgoland mit Kindern? Macht glücklich!
Als wir am nächsten Tag gegen 16.30 Uhr den „Halunder Jet“ zurück nach Hamburg besteigen, sind wir ein bisschen wehmütig. Gern wären wir noch geblieben. Hätten uns das Museum angeschaut und auf der Bunkertour noch mehr über Helgolands bewegte Geschichte erfahren. Nun ja, beim nächsten Mal. Schließlich sind es nur knapp 3,5 Stunden von Hamburg bis hierher – da kann man schnell mal wiederkommen. Bis dahin bleiben uns die Bilder im Kopf, das Salz auf den Lippen, der Sand im Haar und das glückliche Lächeln im Gesicht.
Zum Weiterlesen:
- Noch mehr Kurztrips und Ideen für Ausflüge ab Hamburg findest Du in meiner Rubrik Hamburg-Umland