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Klartext // Schöne heile Blogger-Welt? Ein Rant!

Gleich vorweg: ich mag es auch sauber und ordentlich.Was ich nicht mag sind Wäscheberge, schmutziges Geschirr das herumsteht und überall herumliegendes Spielzeug. Denn wer findet es nicht schön, wenn Bad, Toilette und Küche frisch geputzt blinken und blitzen und der Fußboden krümel- und spielzeugfrei daherkommt? Und ich mag auch schöne und ästhetische Fotos, auf denen Dinge hübsch arrangiert sind oder Orte toll fotografiert in Szene gesetzt sind.

Aber das wahre Leben sieht in Wirklichkeit ganz anders aus.

Bei uns zu Hause sieht es nämlich derzeit ganz und gar nicht so aus. So wäschebergefrei und aufgeräumt und blitzeblank geputzt. Es sieht eher nach sehr kreativem Chaos aus. Überall liegt Zeugs rum: von Wäschebergen (gewaschen und ungewaschen) über Spielzeug bis hin zu Papierkram der dringend erledigt werden müsste (die Steuererklärung lässt grüßen). Und während ich hier sitze und schreibe sehe ich, dass auch das Frühstücksgeschirr eigentlich noch in die Maschine geräumt werden müsste.

Und egal wie oft ich aufräume – wie durch Zauberhand sieht es am nächsten Tag wieder genauso chaotisch aus. Ich fühle mich oft, als würde ich einen Berg erklimmen wollen, aber der Gipfel einfach unerreichbar bleibt.

Am Wochenende postete ich dieses Foto auf meinem facebook-Account – als Beweis und Statement, dass wir eben keine dieser scheinbar perfekten Blogger-und Instagram Familien sind. Dass bei uns alles ganz normal ist. Dass es meistens unordentlich und chaotisch aussieht.

Wohnzimmer
Wohnzimmer im Normalzustand: unaufgeräumt! (Bild völlig unbearbeitet)

Weil hier 5 Menschen auf in einer verhältnismäßig kleinen Wohnung leben und drei Kinder eben Unordnung machen. Und bei zwei Babys manchmal keine Zeit bleibt für stundenlanges Putzen, Wäsche waschen und zusammenlegen. Gebügelt wird hier nur noch wenn spontan ein Hemd oder Bluse gebraucht wird. Bügeln haben wir schon lange aufgegeben – wird eh´überbewertet, glattstreichen – passt schon. Und geputzt wird hier in Etappen, was den Nachteil birgt, dass wenn man endlich mit der kompletten Wohnung fertig ist, eigentlich wieder vorne anfangen kann, weil das erste Zimmer das letzte Mal vor zwei Wochen dran war 🙁

Die positive Resonanz auf dieses Foto war übrigens enorm – worüber ich mich sehr gefreut habe. Denn scheinbar geht es vielen so wie uns. Wir sind eben nicht perfekt. Und alle anderen laut den Kommentaren eben auch nicht. Wie wunderbar beuhigend.

Und trotzdem setzen mich diese perfekt inszenierten Fotos, die mir von unglaublich vielen Blogs und Instagram-Accounts entgegenstrahlen total unter Druck. Da sehe ich verführerisch angerichtete Speisen, die – angeblich gerade mal schnell gekocht – superschnell und supereinfach nachzumachen sind. Tadellos aufgeräumte Kinderzimmer, in denen alles – vom Teppich bis zum Stiftehalte – perfekt zussammenpasst, so als ob das Zimmer einem Möbelkatalog entsprungen ist. Wohnungen die – je nach Jahreszeit – immer geschmackvoll dekoriert sind. Süße Kinder in kunterbunter teurer Markenmode und Mamis, die offenbar ALLE großes Talent zum Selbermachen und Basteln haben.

Die ungeschminkte Wahrheit

Die Wahrheit bei uns zu Hause ist: am Wochenende gibt es bei uns auch lecker angerichtete Speisen, denn dann kocht mein Mann. Ich habe nämlich kein Talent zum Kochen. Daher beschränkt sich mein Mittagessen meist auf so einfache Dinge wie Tomate-Mozzarella, ein belegtes Baguette oder Nudeln. Geht schnell und macht satt – warm essen ist mit zwei Babys eh´nie erfolgreich. Unser Kinderzimmer sieht meist so aus, als wäre eine Horde Kinder durchgetobt. Abends wird oft alles nur zur Seite geschoben, damit eine Gasse zum Bett bleibt. Und einem Möbelkatalog ist es erst recht nicht entsprungen. Unsere Wohnung ist manchmal jahreszeitlich dekoriert – meistens aber nicht, weil die Zeit fehlt. Und natürlich sind unsere Kinder auch süß und auch wir lieben dänische Kindermode, im Kleiderschrank finden sich aber auch viel Secondhand, H&M, C&A, Tchibo und sogar einige Teile von Aldi und Lidl. Und was das Basteltalent angeht – ähhh, eher nicht. Aber ich bemühe mich stets, weil die MOtte so gern bastelt.

Was müssen das alles für Super-Mamis da draußen sein?  Die stets alles unter Kontrolle haben. Immer saubere Wäsche im Schrank, die Wohnung blitzeblank, sie selbst und die Kinder perfekt gestylt. Ein leckeres, aus regionalen Zutaten selbstgekochtes Mittagessen steht selbstredend auch immer pünktlich auf dem Tisch. Und Weihnachtsgeschenke, Geburtstagsgeschenke und Mitbringsel für spontane Einladungen hat sie natürlich auch immer Monate im Vorraus bereits besorgt. Und natürlich gibt es in diesen Familien auch nie Streit. Mama managt einfach alles ganz easy: ihren Job, Kinder, Haushalt. Ach und fast hätte ich die selbgebackenen Leckereien für Kindergartenfeste, Kindergeburtstage und Weihnachtsfeiern vergessen.

Und dann ist da noch die Sache mit den Wochenenden. Scheinbar machen alle diese Familien am Wochenende immer ganz tolle Ausflüge oder Unternehmungen. Langeweile zu Hause? Fehlanzeige. Ganz ehrlich? Also wir machen auch gern Ausflüge und unternehmen viel, aber es gibt auch mal Wochenenden, an denen hängen wir hier den ganzen Tag in Schlunzklamotten oder Schlafanzug rum und tun nur so langweilige Dinge wie Aufräumen, Wäsche waschen, Putzen und Einkaufen. Und dann kommt es auch vor, dass die Kinder nölig sind, weil sie Langeweile haben.

Perfekte Mamis? Perfekte Familie?

Auf vielen Blogs bekomme ich beim Lesen oft das Gefühl, dass diese Mamis wirklich so perfekt sind. Und dann bekomme ich ein schlechtes Gewissen und gleichzeitig hege ich eine gewisse Abneigung. Es scheint: die haben immer alles im Griff. Sie sind immer nett und freundlich. Und sie geben mit ihrem Perfektionismus auch nicht an oder sowas – ist ja immer alles authentisch. Eigentlich geben sie mir keinen Grund sie nicht zu mögen. Und trotzdem fühle ich mich immer wenn ich sie treffe oder vorbeilese wie ein Versager…

Weil bei uns auch mal eine Tiefkühlpizza auf den Tisch kommt, weil ich Geschenke gern mal auf den letzten Drücker besorge und die Muffins für die Kita auch schon mal mit einer Fertigbackmischung angerührt habe.

Kann das denn wirklich sein? Dass bei diesem Mamis immer nur eitel Sonnenschein ist? Das Geld muss bei denen schier unerschöpflich sein, bei dem was dort immer alles unternommen wird. Was die Kinder geboten und geschenkt kriegen.

Natürlich tun auch wir viel für unsere Kinder. Wollen, dass sie eine schöne und unbeschwerte Kindheit haben. Freuen uns, wenn wir Herzenswünsche erfüllen können. Denn wir lieben unsere Kinder ja. Über alles sogar. Auch ich bemühe mich nach Kräften tolle Kindergeburtstage auf die Beine zu stellen und viel Familienzeit zu organisieren. Aber es muss doch auch Tage geben, an denen es nicht so gut läuft. An denen Langeweile herrscht, die Kinder sich mal anzicken und auch Mama und Papa mit dem falschen Fuß aufgestanden sind. Ich habe meine Kinder gern um mich, aber an solchen Tagen sehne ich den Abend herbei, wenn sie endlich im Bett sind und ich etwas Zeit für mich habe.

Ich will das nicht mehr lesen

Ich bin ehrlich: ich will das nicht mehr lesen und hören. Ich möchte mehr authentische Geschichten. Ich möchte auch mal lesen, wenn es nicht so gut läuft und dass es Kinder gibt die nicht immer nur perfekt sind. Die uns auch mal den letzten Nerv rauben. Die nicht bei jedem Entwicklungsschritt „wirklich früh dran sind für ihr Alter“ oder hochbegabt oder dies und jenes natürlich bereits sehr gut können…

Ich weiß auch so: jede Mama oder Papa liebt sein Kind so wie es ist aus tiefstem Herzen und wünscht sich niemals ein anderes. Ich will auch mal davon lesen, wenn es schwierig ist oder „aus der Norm“ fällt. Warum trauen sich bloß so wenige darüber zu schreiben?

Ich schreibe natürlich auch gern über die schönen Dinge des Lebens. Über die wunderbare Zeit mit meinen Kindern und meiner Familie. Aber ich versuche dabei immer so authentisch wie möglich zu bleiben und auch die unperfekten Dinge nicht auszulassen. So schreibe ich ja auch darüber, dass der kleine Floh ein bißchen hinterher ist in seiner Entwicklung in seinem noch so jungen Leben. Und dass er für mich trotzdem das tollste Kind ist. Und ich sicher bin, dass er das alles aufholt – er lediglich ein bißchen mehr Zeit für manche Dinge braucht.

Denn genau dann – wenn man mal zugibt, dass eben nicht alles immer rund läuft – dann öffnen auch viele andere ihr Herz, mit gleichen oder ähnlichen Erfahrungen und Sorgen und es wird ganz schnell klar: wir müssen uns nicht gegenseitig beweisen wie perfekt wir sind – wir sitzen nämlich eigentlich alle im selben Boot!!

Ich drück´Euch alle Ihr Lieben

Eure Anna

Dieser Beitrag ist inspiriert von der lieben Frida vom Blog 2KindChaos, die eine Blogparade ins Leben gerufen hat, bei der sie auffordert unser wahres Haushaltschaos zu zeigen –