„Traumfrau Mutter“ im St. Pauli-Theater: der ganz normale Elternwahnsinn!
* (Preseeeinladung/unbezahlt) * Hätte man noch keine Kinder und würde sich völlig unbedarft die neue Inszenierung „Traumfrau Mutter“ im St. Pauli Theater ansehen, man würde denken: „ach, das kann doch niemals so schlimm sein“. Man könnte kaum glauben, welch absurden Situationen Mütter täglich ausgesetzt sind. Nicht-Mütter dürften jedoch – wenn überhaupt – bei der Premiere nur in absoluter Minderheit im Theatersaal gesessen haben. Denn der Geräuschkulisse nach zu urteilen, erkannte sich wohl jede Mama in genau diesem Elternwahnsinn wieder, den die fünf Protagonistinnen da mit immenser Spielfreude auf die Bühne brachten.
Endlich schwanger! Die Vorfreude ist groß. Nimmt man die vielen Verbote (kein rotes Fleisch! Kein Sushi! Kein Alkohol!) während der Schwangerschaft noch billigend in Kauf, fragt man sich spätestens im Kreißsaal, wer eigentlich die blöde Idee hatte ein Kind zu bekommen. Der Mann ist schließlich keine große Hilfe und die Hebamme mit dem bayrischen Akzent nervt auch. Doch dann ist das Kind endlich da. Und schon geht er los: der ganz normale Eltern-Horror.
Stillen oder nicht stillen, Schlafdefizite, das ewige Vergleichen mit den anderen Müttern (und Kindern) und dazu immer Angst, etwas falsch zu machen.
Copyright: Jan Sulzer / St. Pauli Theater
Traumfrau Mutter: Klischees? Ja! Aber so wahr!
Gleich vorab: wer Mutter ist, darf „Traumfrau Mutter“ auf keinen Fall verpassen. Ich habe nach der Premierenvorstellung den Drang jeder Mama die ich kenne, eine Karte zu kaufen. Denn was die fünf fantastischen Schauspielerinnen da bieten ist – natürlich – oft klischeebeladen aber urkomisch und sehr, sehr dicht an der Realität.
Tabulos wird über die Mengen von Blut und Milch gesprochen, die eine Mutter während und nach der Geburt verliert. Dass man in der ersten Zeit mit Baby eigentlich nicht mehr teilnimmt an der Welt „da draußen“. Wie grotesk so ein Rückbildungskurs ist („nun nehmt die Aprikose mit den Schamlippen auf und befördert sie wie in einem Aufzug nach oben“). Und wie nervtötend und stupide die Ohrwürmer diverser Kleinkind-Musik.
Copyright: Jan Sulzer / St. Pauli Theater
Zeit für sich? Um ein Buch zu lesen? Oder gar für eine Party? Fehlanzeige! Ab jetzt hat man immer einen kleinen Menschen im Schlepptau der garantiert genau dann laut „MAMA!“ ruft, wenn man sich gerade hingesetzt hat um einen Kaffee zu trinken.
Ist das Kind dann endlich im Kindergarten, geht es weiter: mit hysterischen Helikopter-Müttern und solchen, die scheinbar perfekt sind: jeden Tag aussehen wie aus dem Ei gepellt, das ge-thermomixte Mittagessen selbstverständlich nur aus frischen Zutaten und die Kinder hochbegabt.
Und dann ist da ja noch die Sache mit dem Sex…
…oder besser gesagt: dem nicht vorhandenen Sex. Denn zwischen triefenden Stillbrüsten, Windeln und dem täglichen Kampf es überhaupt einigermaßen ansehnlich gekleidet und frisiert auf die Straße zu schaffen, bleibt sowas wie Erotik völlig auf der Strecke.
Klar, dass deswegen auch die Ehemänner ihr Fett weg bekommen. Denn sie sind fast dauerhaft abwesend und haben einen „extrem anstrengenden“ Job, von dem sie abends gern ausführlich erzählen, während wir Mütter uns fragen, ob wir eigentlich die einzigen sind, die in diesem Saustall mal etwas aufräumen.
Die allergrößten Lacher des Stücks erntet wohl genau deshalb die Szene mit dem überdimensionalen Peniskostüm, in das eine der Schauspielerinnen schlüpft. Und dann ist da ja auch noch Barbara die mit ihrem Sohn beim Kinderschwimmen war und sich – als er fertig angezogen ist – nun in aller Ruhe selbst umziehen möchte…
Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten – nur so viel: ihr werdet am Boden liegen vor Lachen.
Copyright: Jan Sulzer / St. Pauli Theater
Genau das tut das Publikum während der Premiere von Traumfrau Mutter im St. Pauli Theater auch: kreischen, schreien, juchzen, lachen. Eigentlich dauerhaft von Anfang bis Ende.
Das ist vor allem dem erstklassigen Ensemble zu verdanken. Die fünf Frauen spielen mit hohem Tempo, ohne Tabus und mit vollem Körpereinsatz.
Lustig finden das übrigens nicht nur die Mütter. Mein Mann – einer der wenigen Männer im Saal- hat ebenfalls sehr gelacht und kann das Stück uneingeschränkt weiter empfehlen. Vielleicht hat es sogar dazu beigetragen, uns Mamas in manchen Situationen besser zu verstehen.
Umwerfend komisch: Pflichtprogramm für alle Mütter (und Väter)!
Fazit: „Traumfrau Mutter“ ist Theater mitten aus dem Leben. Umwerfend komisch, selbstironisch, manchmal regelrecht absurd, aber immer nah an der Realität. Eine Ode an uns Mütter! Dafür, dass wir unseren Alltag ohne Klagen meistern, auch nach emotionalen Rückschlägen immer wieder aufstehen, jeden Tag unser Bestes geben und dabei – ganz wichtig – unseren Humor nicht verlieren.
So sind dann am Ende auch die ernsten und nachdenklichen Töne nicht fehl am Platz. Schließlich wissen wir alle: diese kleinen Menschen haben nicht nur Chaos, sondern auch sehr viel Glück in unser Leben gebracht!
Copyright: St. Pauli Theater
Traumfrau Mutter – das müsst Ihr wissen:
Traumfrau Mutter gastiert noch bis zum 27. Juli 2019 im St. Pauli Theater. Tickets gibt es hier. Karten kosten zwischen € 18,90 – 54,90 Euro (und sie sind jeden Cent wert!). Dauer des Stücks: 2 Stunden und 20 Minuten inkl. Pause