Und plötzlich war sie da…die Angst vor der Geburt der Zwillinge…
Ich hatte es im Artikel von Montag ja kurz erwähnt – unser langes Mai-Wochenende war leider nur so durchwachsen. Eigentlich fing alles ganz gut an: die Motte und der Papa waren am Freitag in Travemünde und ich konnte mich hier zu Hause ein bißchen ausruhen. Ich hatte schon da das Gefühl, dass ich vielleicht irgendetwas ausbrüte.
Samstagnachmittag waren wir auf einem Geburtstag bei Freunden – alles ganz ruhig. Ein bißchen Kuchen essen, Tee trinken und die Kinder haben zusammen im Garten gespielt. Samstagabend gegen halb acht bekam ich starke Schmerzen im Bauch. Allerdings nur einseitig. Zuerst war es nur ein unangenehmes Stechen, das sich mit der Zeit steigerte und immer stärker wurde. Fast krampfartig. Aber kein Wehenschmerz – da war ich mir sofort sicher – der fühlt sich irgendwie anders an.
Ich bin dann unter die warme Dusche gegangen und habe mich mit einer Wärmflasche ins Bett gelegt. Dort konnte ich tatsächlich kurz entspannen und bin sogar eingeschlafen. Wurde aber eine halbe Stunde später aufgrund der heftigen Schmerzen wieder wach. Ich bin also hin und hergelaufen in der Wohnung, habe gehofft, dass die Schmerzen durch Liegen, Sitzen oder Stehen besser werden – alles vergeblich. Gegen kurz nach Mitternacht habe ich mich dann entschieden ins Krankenhaus zu fahren. Obwohl ich mir sicher war, dass es keine Wehen sind, war ich einfach unsicher. Ich wollte ganz sicher sein, dass mit den Babys alles ok ist.
Also haben wir den Opa angerufen (der Gott sei Dank noch wach war und so lange auf die Motte aufpassen konnte) und sind ins Krankenhaus gefahren. Wie das so ist: kurz bevor ihr Opa kam, wurde sie natürlich wach und wollte in mein Bett mit mir kuscheln. Sie wacht sonst nie um diese Uhrzeit auf…aber die Mäuse haben ein feines Gespür, oder? Also habe ich mich kurz mit ihr hingelegt, versucht meine Schmerzen wegzuatmen und Gott sei Dank schlief sie schnell wieder ein.
Als wir im Krankenhaus ankamen wurden wir gleich in die Kreißsäle weitergeschickt und dort wurde dann erstmal ein CTG geschrieben.
Als ich den Vorraum betrat, war plötzlich alles wieder da: der Geruch, die Geräusche, die Erinnerungen an die Geburt der Motte – es war als ob es gestern gewesen wäre. Und dann traf sie mich wie einen Hammer mitten ins Gesicht: die Angst. Mir wurde schlagartig klar: diese Schmerzen, diese Sorgen, diese Anstrengung, die Geburtsverletzungen – all´das muss ich jetzt nochmal durchmachen.
Natürlich bin ich nicht naiv: ich wusste das auch schon vorher. Aber all´die Schmerzen die man nach der Geburt – wenn man dieses kleine Wunder endlich im Arm hält – vergisst (oder verdrängt), sind auf einmal wieder präsent. Wenn man an den Ort des Geschehens zurückkehrt.
Und hier war ich nun: lag im selben CTG-Raum wie damals mit der Motte. Benutzte die selbe Toilette. Wurde im selben Untersuchungsraum geschallt. Einzig die Kreißsäle habe ich nicht von innen gesehen. Aber sonst war alles wie damals.
Auch diesmal fühlte ich mich wirklich unglaublich gut aufgehoben – was mich bestätigte, dass ich die richtige Wahl getroffen habe erneut dort zu entbinden. Alle sind unheimlich nett und fürsorglich, es wird alles ausführlich erklärt und man nimmt sich Zeit. Und um es vorweg zu nehmen: den Babys im Bauch geht es gut. Das CTG war in Ordnung, keine Wehentätigkeit, der Muttermund völlig in Ordnung und auch der Ultraschall ergab keine Auffälligkeiten.
Es wurde lediglich festgestellt, dass der kleine Zwerg mit 1100g noch viel zu leicht ist und auch die Maus mit 1460g noch ordentlich zulegen muss. Mir wurde versichert, dass sie mich nicht wieder gehen lassen würden, wenn sie das Gefühl hätten, dass es nun losgehen würde mit der Geburt. Ich bekam ein Schmerzmittel und meine Magnesiumdosis sollte ich erhöhen. Und so gut es geht Ausruhen. Dann konnten wir wieder nach Hause. Woher die Schmerzen genau kamen? Ganz genau konnte das nicht bestimmt werden. Vielleicht von den Nieren. Vielleicht lag eins der Babys unglücklich auf einem Organ…alles möglich. Ich kämpfte allerdings noch bis Sonntag am späten Nachmittag, bevor ich endlich das Gefühl hatte, dass die Schmerzen abebbten.
Aber etwas ist bei mir geblieben: die Angst vor der bevorstehenden Geburt!
Die Erinnerungen an die Geburt der Motte sind nun wieder sehr präsent. Und die Geburt lief ja alles andere als perfekt.
Ich habe Angst, dass ich wieder stundenlang in den Wehen liegen muss und sich trotzdem nichts tut. Sich der Muttermund einfach nicht öffnet – so wie beim letzten Mal. Ich habe Angst, dass es auch diese Kinder nicht allein durch den Geburtskanal schaffen, wieder drei Ärzte und Hebammen auf meinem Bauch liegen und die Mäuse am Ende doch mit der Saugglocke geholt werden müssen.
Ich habe Angst, dass auch dieses Mal die Nachgeburt auf sich warten lässt und ich operiert werden muss. Und auf einen vorzeitigen Blasensprung könnte ich diesmal auch gut und gern verzichten.
Ich habe Angst davor, dass die Zwillinge sich viel zu früh auf den Weg machen und noch wochenlang auf der Frühchenstation liegen müssen. Dass ich dann nicht so für sie da sein kann, wie ich es am Anfang gern würde.
Aber am allermeisten Angst habe ich, dass eine vaginale Geburt am Ende gar nicht möglich ist. Ein Notkaiserschnitt gemacht werden muss und ich quasi gar nichts mitbekomme, weil ich in Vollnarkose liege. Generell habe ich vor einem Kaiserschnitt Schiss. Insbesondere vor den Schmerzen danach. Dass ich meine Babys nicht halten kann, dass ich nicht aufstehen kann, dass es ewig dauert, bis die Narbe verheilt ist.
Ich bin nicht zimperlich eigentlich. Nach der Geburt der Motte hatte ich auch schlimme Verletzungen. Und es hat weh getan. Mehrere Wochen. Aber es ging irgendwie. Ich konnte tragen und stillen und rumlaufen. Und alle Mamis, die einen Kaiserschnitt hinter sich haben werden sagen: Du schaffst das auch dieses Mal – irgendwie geht es immer. Und es geht vorbei. Und ja, das weiß ich auch. Und trotzdem habe ich Angst davor.
Ich möchte so gern eine „normale“ Geburt. Eine bei der ich mein erstes Baby schon im Arm halten darf, während das zweite geboren wird. Eine, die sicher anstrengend und schmerzhaft ist, aber bei der ich aktiv mitwirken kann.
Es kommt wie es kommt – ich werde daran nichts ändern können. Und natürlich ist es wichtig, dass es uns allen – den Babys und auch mir – am Ende gut geht. Trotzdem kreisen meine Gedanken und Sorgen eben genau darum.
Manchmal denke ich: Erstlingsmamis haben es da einfacher. Man weiß nicht so genau was einen erwartet da im Kreißsaal. Wie so eine Geburt ablaufen kann. Man hat vielleicht Angst vor den Schmerzen und vor der Ungewissheit – aber man geht dennoch „unbedarfter“ (blödes Wort in diesem Zusammenhang) da ran. Man weiß noch nicht, wie schmerzhaft so eine Wehe wirklich ist. Und wie scheiße es ist, wenn es nicht vorwärts geht. Und wie oft man in diesem Moment verflucht, dass man sich das angetan hat (auch wenn man diese Flüche sofort vergessen hat, sobald man das erste Mal in die Augen seines Kindes blickt).
Ich weiß, dass ich es auch diesmal schaffen werde. Ich weiß, dass ich am Ende des Tages zwei wunderschöne Babys im Arm halten werde und unglaublich stolz und glücklich sein werde. Auf mich, weil ich es erneut geschafft habe, neues Leben in diese Welt zu setzen. Ich habe Vertrauen in meinen Körper und seine Fähigkeiten. Und da die Babys beide mit dem Köpfchen nach unten liegen, steht im Moment unter normalen Umständen auch einer natürlichen Geburt nichts im Wege.
Aber diese letzte Sorge, die bleibt…kennt Ihr das?