Ich will keine Kinder!!! #Planänderung
„Und wollt Ihr noch ein Zweites?“ – Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Spruch gehört habe, als die Motte den 2. Geburtstag hinter sich gebracht hatte. Für mich war das jedes Mal ein Stich ins Herz. Denn wer uns näher kennt weiß, dass das nicht immer so einfach ist mit dem Kinderkriegen…
Eigentlich wollte ich nie Kinder. Ich wollte mein Leben leben, viel reisen, mich finanziell nicht einschränken und tun und lassen was ich will, ohne Rücksicht auf ein Kind zu nehmen. Ich hatte einen Job, der mir Spaß machte, konnte mit Freunden ausgehen wann ich wollte, Party feiern bis in die frühen Morgenstunden und am nächsten Tag den ganzen Tag im Bett und auf dem Sofa verbummeln. Warum sollte ich das aufgeben wollen für ein schreiendes Kind, dass mich Tag und Nacht auf Trab hält?
Als ich meinen Mann kennenlernte war ich fast 25 und er 21. Niemand hätte damals einen Cent darauf gewettet, dass aus uns etwas Festes, geschweige denn irgendwann ein Ehepaar und Eltern wird.
Mein Mann war zum damaligen Zeitpunkt ständig auf Tour – Party feiern. So wie das eben ist mit 21. Und auch ich war noch voll drin im Party-Modus.
Aber es hielt – allen Skeptikern zum Trotz. Und irgendwann war sie vorbei diese exzessive Party-Zeit. Andere Dinge wurden wichtiger im Leben. Die Abende in Bars und Clubs wichen denen mit DVD oder Freunden zu Hause auf dem Sofa. Wir wurden halt älter 🙂
Und irgendwann sprachen wir dann auch über das Thema „Heiraten“ und „Kinder kriegen“. Wie man das eben so macht als Paar. Mein Mann wollte nie heiraten. Und ich fand das ok. Zwar war ich nicht seiner Meinung, aber nur weil er kein Eheversprechen abgeben wollte, war das für mich kein Grund daran zu zweifeln, dass er sein Leben trotzdem mit mir verbringen wollte. Und so war für mich klar: sollte er je seine Meinung ändern, müsste ein Antrag von ihm kommen. Auf keinen Fall wollte ich ihn unter Druck setzen.
Das Thema Kinder ist in meinen Augen da deutlich heikler. Erstens finde ich, dass ein Kind uns vielmehr aneinander bindet und ein viel größerer „Liebesbeweis“ (doofes Wort, aber mir fällt kein besseres dafür ein) ist, als eine Hochzeit es je sein könnte. Ein Kind verbindet uns für immer – eine Hochzeit ist nur ein Versprechen auf dem Papier, dass gebrochen werden kann. Wenn man zusammen ein Kind bekommt, dann heißt das: „ich bin bereit gemeinsam mit Dir Verantwortung für dieses kleine Wesen zu übernehmen – ein Leben lang. Ich möchte, dass da etwas entsteht aus uns – aus dem Besten von Dir und dem Besten von mir. Ein Ergebnis aus unserer Liebe.“
Zweitens glaube ich, dass eine Beziehung auf Dauer keine Chance hat, wenn einer von beiden sich aus tiefstem Herzen ein Kind wünscht und der andere keins möchte. Und damit meine ich nicht: wir haben schon ein Kind und man ist sich uneinig über ein Zweites. Ich meine tatsächlich die Situation, dass einer von beiden gar keine Kinder möchte. Eine Zeitlang kann man seine Sehnsucht nach einem Kind vielleicht unterdrücken, diese Lücke mit anderen Dingen füllen – auf Dauer jedoch glaube ich, dass der unerfüllte Wunsch belastend für die Beziehung sein kann.
Als unser Gespräch auf das Thema „Kinder“ kam, ahnte ich bereits vorher, dass mein Mann auf jeden Fall Kinder wollte. Ich aber fühlte mich einfach nicht reif, nicht bereit für ein Kind. Und dass, obwohl ich wusste: wenn Kinder, dann mit diesem Mann! Das Thema Kinder wurde also eine Zeitlang nicht weiter thematisiert. Jeder von uns kannte den Standpunkt des anderen. Was sich daraus entwickeln würde – unklar!
Und dann gab es da eines Morgens dieses Gespräch zwischen uns. Eine damals gute Freundin von mir war gerade schwanger geworden und wir sprachen darüber am Frühstückstisch. Da sagte mein Mann: „ich wäre jetzt auch bereit für ein Kind“. Und so musste ich Stellung beziehen – nicht sofort, aber dennoch wusste ich, ich müsste mir Gedanken machen: möchte ich das?
Wir hatten doch noch so viele Pläne: wir wollten noch die ein oder andere Reise machen. Ich wollte noch New York sehen und mal vier Wochen nach Neuseeland. Aber ehrlich? Wenn man danach geht, dann gibt es ja nie den passenden Zeitpunkt. Denn Pläne hat man immer.
Ich dachte eine Weile auf dem Thema herum – und plötzlich war da dieser Moment. Ich wusste: ja, ich bin bereit. Ich kann mir vorstellen ein Kind zu haben. Da war ich gerade 34 geworden.
Ich setzte also die Pille ab und wartete, dass meine Regel einsetzt. Nichts geschah. Monat um Monat verging. Also ging ich zum Frauenarzt und der diagnostizierte: PCO-Syndrom und überwies mich in die Kinderwunschklinik. Kinder zu kriegen möglich, aber schwierig.
So waren sie also über den Haufen geworfen unsere Pläne. Einfach so ein Kind bekommen? Dieser Wunsch rückte damit erst mal in weite Ferne. Nach zwei Hormonbehandlungszyklen schlug unsere Ärztin vor, wir sollten es beim nächsten Mal gleich mit IVF versuchen um ein schnelles Ergebnis zu erzielen.
Mein Mann und ich sprachen ausgiebig darüber und waren uns einig. Nein, wir würden uns dann erst mal auf die bevorstehende Hochzeit konzentrieren. Denn zwischenzeitlich hatte mein Mann mir völlig überraschend einen Heiratsantrag gemacht. Das Kind müsste dann erst mal warten. Ich wollte mir einfach während der ganzen Hochzeitsvorbereitungen keinen Druck machen. Also entschieden wir uns dazu einen letzten Versuch mit Hormonstimulation zu machen – falls das nicht klappen sollte, würden wir nach der Hochzeit entscheiden, wie es weitergehen würde.
Und wie durch ein Wunder wurden wir genau in diesem Zyklus schwanger. Genau dann, als plötzlich der Druck – der große Plan – weg war. Wir heirateten im August, Mitte Januar kam unsere Motte zur Welt. Da war sie nun: unser Wunschkind.
Wir genossen die erste Zeit mit Baby sehr und ich ging – trotzdem ich erst lernen musste diese „Fremdbestimmtheit“ zuzulassen – voll in meiner Mama-Rolle auf.
Und dennoch waren mein Mann und ich uns einig: wir wollen nur ein Kind.
Und dann ging sie los, die Nachfragerei, nach ziemlich genau zwei Jahren: „Und, wollt´ Ihr ein Zweites?“ Ich weiß, die meisten Menschen meinen es nicht böse mit dieser Frage. Und schon gar nicht Freunde und Familie. Aber viele denken auch nicht darüber nach, wie verletzend solch eine Frage sein kann, wenn es Gründe gibt, die ein zweites Kind gar nicht möglich machen. Weil das bedeuten würde, erneut diesen schreckliche Spritzen-Hormon-Marathon durchzumachen. Weil man vielleicht einfach zufrieden ist, dass es überhaupt geklappt hat. Oder weil eben ein Partner gern noch eines will, der andere aber nicht mehr.
Das sind doch Pläne, die sehr privat sind, oder? Eine Entscheidung, die in erster Linie nur mich und meinen Partner etwas angeht. Und niemanden sonst. Ich jedenfalls wollte mich einfach nicht ständig erklären müssen. Wollte nicht jedem auf die Nase binden, welches Glück wir schon gehabt haben, dass wir überhaupt ein gesundes Kind haben.
Und auch wenn unsere Pläne anders waren: irgendwann – die Motte war schätzungsweise 2,5 Jahre – merkten wir: nein, wir sind noch nicht komplett. Es wäre schön, wenn da nochmal so ein kleines Würmchen in unsere Familie käme. Und ja: ich war bereit diese unsägliche Hormon-Behandlung noch einmal in Kauf zu nehmen.
Und diesmal brachte es mich an den Rand meiner Kräfte. Nichts klappte. Ein Zyklus nach dem anderen – vergeblich. Irgendwann zog ich die Reißleine – bis hierhin und nicht weiter. Ich wollte nicht mehr. Nicht um jeden Preis. Es hätte sicher Möglichkeiten gegeben: künstliche Befruchtung zum Beispiel. Aber das wollte ich nicht. Dieser ganze Druck, die Hormone – alles dreht sich dann nur noch um dieses Thema. Dann sollte es eben nicht sein. Wir haben ja schon ein Kind.
Und dann plötzlich – als der Druck raus war – wurde ich schwanger. Wie durch ein kleines Wunder schlichen sich die zwei kleinen Bauchzwerge in unser Leben. Und machen uns ab Sommer zur Großfamilie. Die nie geplant war – denn ich wollte ja keine Kinder. Schon gar nicht drei.
Was ich damit sagen will: Pläne schmieden ist toll, denn sie sind ein Zeichen dafür, dass wir noch viel vorhaben im Leben. Sie bringen uns zum Träumen und Hoffen. Und oft werden sie wieder über den Haufen geworfen – freiwillig und unfreiwillig – weil das Leben dazwischen kommt und gerade etwas anderes für uns bereithält.
Aber Pläne schaffen auch Druck. Und manchmal kann der Druck so groß werden, dass er das Leben vereinnahmt, so dass nichts anderes mehr Platz darin findet. Und man selbst an seine Grenzen stößt, keine Kraft mehr für andere Dinge aufbringt, die aber so wichtig wären.
Ich bereue es heute keinen einzigen Tag, dass ich meinen Plan – kinderlos zu bleiben – über den Haufen geworfen habe. Ich war noch nie in zuvor in meinem Leben so glücklich – so zufrieden. Ohne die Motte wäre mein Leben nicht komplett. Ich hätte diese wunderbare Gefühl Mama zu sein nie kennengelernt.
Ich werde auch weiterhin Pläne schmieden: für tolle Reisen zum Beispiel. Aber wer zu viel plant, der verpasst sie vielleicht: die wunderbaren Dinge, die einfach geschehen, ohne dass sie geplant wären. Die Zufälle und Schicksalsbegegnungen im Leben. So wie die Motte damals und die Zwillinge jetzt – und mein baldiges Leben als 3-fach-Mama…
Und Ihr? Wusstet Ihr schon immer, dass Ihr Kinder wollt? Oder passierte das alles völlig ungeplant? Und habt Ihr eine genaue Lebensplanung oder lasst Ihr es lieber auf Euch zukommen?
Ich bin wirklich gespannt auf Eure Geschichten.
Habt einen schönen Tag,
Eure Anna
Dies ist mein Beitrag zur Blogparade der lieben Kerstin von Chaos² zum Thema #Planänderung